Produktinformationsblatt (PIB) für Handytarife: Was es dir sagen kann − und was nicht

PIB hat weniger Relevanz als gedacht: Konditionen eines Tarifs können unklar bleiben

Produktinformationsblatt (PIB)

Das sogenannte Produktinformationsblatt − kurz PIB − kennst du vielleicht nicht nur aus dem Mobilfunkgeschehen, sondern auch aus der Finanzwelt.

Vor einem Vertragsabschluss soll dieses PIB den Verbraucher noch einmal über die wichtigsten Eckpunkte informieren.

Rechtsgrundlage für Handytarife stellt hier die TK-Transparenzverordnung dar, die seit 2017 gilt. Bedeutet: Seit 2017 ist auch jeder Mobilfunkvertrag in Deutschland untrennbar mit der Herausgabe dieser Produktinformation verbunden, das Dokument ist verpflichtend, aber für deine konkrete Vertrag Bestellung nicht sonderlich aussagekräftig, wie dir dieser Beitrag erläutern wird.

Die Produktinformationsblätter müssen ab dem 1. Juni 2017 von allen Anbietern bei der Vermarktung ihrer Produkte verwendet werden. [...] Die Produktinformationsblätter basieren auf der TK-Transparenzverordnung der Bundesnetzagentur vom 19. Dezember 2016. Sie sind das Ergebnis einer öffentlichen Anhörung, an der sich neben den Anbietern insbesondere auch Verbraucherschutzverbände beteiligt hatten.

 

Die PIBs müssen online in unmittelbarer Bestellnähe einfach auffindbar sein, für alte Tarife muss es eine entsprechende Historie über ein Download-Archiv geben, wie die Verbraucherzentrale Niedersachsen zusammenfasst:

Die Produktinformationsblätter müssen Ihnen stets leicht zugänglich sein: Im Internet muss auf den Angebotsseiten des Anbieters die Möglichkeit bestehen, die Produktinformationsblätter herunterzuladen. Das gilt auch für Tarife, die gar nicht mehr angeboten werden: Sie müssen über ein Archiv abrufbar sein.

 

Nebenbei bemerkt: Durch die Transparenzverordnung wurde auch geregelt, dass ganze bestimmte Angaben auf der monatlichen Handyrechnung gemacht werden müssen.

Nach der Verordnung müssen Kunden auch während des laufenden Vertrags transparent informiert werden: In der monatlichen Rechnung muss ab Dezember 2017 unter anderem auch das Ende der Mindestvertragslaufzeit, die Kündigungsfrist und der letzte Kalendertag mitgeteilt werden, an dem die Kündigung eingehen muss, um eine Vertragsverlängerung zu verhindern.

Darauf wollen wir an dieser Stelle aber nicht weiter eingehen.

 

Das alles klingt ja nun einmal wirklich nach einer feinen Sache: Ein DIN-A4-Blatt, das alle relevanten Informationen enthält, damit keine falschen Vorstellungen beim Vertragsabschluss entstehen.

Aber leider verwirrt diese gute Idee in der Praxis dann leider doch des Öfteren.

Das Wichtigste in Kürze
  • Das Produktinformationsblatt (PIB) für Mobilfunktarife wurde 2017 eingeführt, um für standardisierte Vergleichbarkeit zu sorgen
  • Das PIB enthält leider keine detaillierten Preis- und Leistungs-Informationen, sodass ein PIB allein dir keinen Aufschluss über die Attraktivität eines Mobilfunkangebots gibt
  • Verbraucher glauben häufig, dass im PIB auch konkrete (Aktions-)Konditionen eines Handytarifs − wie Werbepreise für Neukunden −  hinterlegt sind. Das ist jedoch nicht der Fall und sehr verwirrend: Abgebildet werden hier lediglich Standardkonditionen. Es handelt sich um ein eher oberflächliches Dokument, das häufig wesentlich schlechtere Leistungen und Preise aufführt als tatsächlich vereinbart
  • Rechtliche Bindungskraft hat die sogenannte Vertragszusammenfassung: Sie ist wesentlich ausführlicher und beinhaltet sämtliche Konditionen − ob Rabattmonate, reduzierte Grundgebühr, (kostenfreie) Optionen oder Leistungsverbesserungen − und wie lange diese gültig sind (bspw. auch nach 2 Jahren Laufzeit)
 

Vorteile des Produktinformationsblatts: DAS sagt dir das PIB

Dabei könnte das Produktinformationsblatt an sich ein wichtiges Instrument für Verbraucher sein, um die Transparenz und Vergleichbarkeit bei Mobilfunktarifen zu gewährleisten.

Schließlich bietet es dir eine schriftliche Zusammenfassung wichtiger Informationen zu einem Tarif und enthält viele relevante Details, die Verbraucher vor einer Tarifentscheidung kennen sollten.

Warum das PIB eingeführt wurde, ist also einfach zu erklären: Übersichtlichkeit, Kündigungsmodalitäten, standardisierte Vergleichbarkeit − und das alles in einer verständlichen Sprache.

Die TK-Transparenzverordnung verfolgt das vom Gesetzgeber festgelegte Ziel, Verbraucherinnen und Verbrauchern im Telekommunikationsmarkt eine transparente, vergleichbare, ausreichende und aktuelle Information in einer klaren, verständlichen und leicht zugänglichen Form bereitzustellen.

 

Muster-Produktinformationsblatt der BNetzA

Bereits 2017 hatte die Bundesnetzagentur ein Muster-Produktinformationsblatt (einsehbar als PDF) im Rahmen der Transparenzverordnung vorgestellt.

 

Defizite des Produktinformationsblatts: DAS sagt dir das PIB (eben) nicht

Dennoch bleibt das PIB immer noch ein wenig realitäts- bzw. praxisfern, zumal es eben nicht besonders detailreich ist. Außerdem führt es immer wieder zu Missverständnissen.

 

Aktionsdatenvolumen nicht im PIB erfasst

Handelt es sich um einen Tarif mit aktionsweise mehr Datenvolumen wird dieses − auch wenn der Mobilfunkanbieter dir dieses dauerhaft gewährt − oftmals nicht in einem aktualisierten Produktinformationsblatt notiert, sondern es bleibt stattdessen die bestehende Übersicht (mit weniger Datenvolumen) gültig. Für Verbraucher sehr undurchsichtig − und es führt berechtigterweise immer wieder zu Rückfragen, auch bei uns im Kundenservice.

 

Aktionspreise nicht im PIB erfasst

Ebenso verhält es sich übrigens mit den Preisen: Hat ein Anbieter die Grundgebühr für einen bestimmten Zeitraum, zum Beispiel für die ersten 24 Monate für Neukunden, reduziert, steht stattdessen weiterhin der Listenpreis für das Produkt im Begleitblatt.

Verbraucher, die allein diesen Angaben vertrauen, werden so fehlgeleitet: Womöglich stornieren sie dann eine günstige Gelegenheit und wählen stattdessen einen teureren Normalpreis-Tarif.

 

5G und Details nicht im PIB erfasst

Während Speed-Angaben im Produktinformationsblatt detailliert erfasst werden, fehlen Informationen zum Netzstandard komplett. So ist aus dem Produktblatt nicht ersichtlich, ob es sich um einen 5G-Tarif handelt oder nicht.

Auch gibt das PIB keinen Aufschluss darüber, ob der Tarif WLAN-Call und VoLTE unterstützt, ob eine eSIM verfügbar ist und wie viel Datenvolumen beim EU-Roaming zur Verfügung steht (Stichwort: Fair Use Policy).

 

Fazit zum Produktinformationsblatt: Nicht ausreichend!

Für unseren Geschmack sind das eben auch (zu) viele verbraucherrelevante Informationen, die im PIB nicht enthalten sind: Hier könnte der Gesetzgeber wirklich nachschärfen.

Als Verbraucher sollte man das Produktinformationsblatt als nützliches Werkzeug nutzen, um sich einen ersten Überblick über Mobilfunktarifleistungen zu verschaffen.

Es ermöglicht einen schnellen Vergleich, sollte jedoch nicht als alleinige Entscheidungsgrundlage dienen, rechtlich ohnehin nicht. Verbraucher sollten zusätzlich die vollständigen Vertragsbedingungen lesen und bei Unklarheiten den Anbieter kontaktieren.

 

Vertragszusammenfassung ist wichtiger als das Produktinformationsblatt

Wesentlich wichtiger als das Produktinformationsblatt ist daher die sogenannte Vertragszusammenfassung. Die muss dir in jedem Fall zur Verfügung gestellt werden und beinhaltet eben die detailliert aufgeschlüsselten Vertragskosten und Tarifbestandteile. Auch hierfür gibt es ein Muster zum Download (2019).

Ihr Anbieter muss Ihnen vor Vertragsabschluss eine klare und leicht lesbare Vertragszusammenfassung zur Verfügung stellen. Die Vertragszusammenfassung soll Sie vor ungewollten Verträgen schützen. Außerdem können Sie damit die Angebote besser vergleichen.

 

Die Vertragszusammenfassung ist das rechtlich bindende Dokument, das dir die entsprechenden Tarifkonditionen verbindlich zusagt. Und nicht das PIB. Ein Vertrag kann nur wirksam zustande kommen, wenn du auch die Vertragszusammenfassung einsehen und damit herunterladen kannst.

Die Verbraucherzentrale NRW formuliert es ganz konkret:

Mit dem neuen Telekommunikationsgesetz (TKG) gibt es seit dem 1. Dezember 2021 verbraucherfreundlichere Neuerungen. Eine davon ist die Vertragszusammenfassung. Damit Sie wissen, worauf Sie sich beim neuen Vertrag einlassen, sollen Anbieter vor dem Abschluss alle Kosten, Zusatzoptionen und Rabatte übersichtlich zusammengefasst darstellen. Damit sollen Sie verschiedene Angebote leichter vergleichen können. Die Angaben in der Zusammenfassung sind für Anbieter bindend und werden Bestandteil des Vertrags.

Quellen
Allgemeiner Hinweis

Wir sind keine Juristen, und deshalb stellt dieser Beitrag auch keine Rechtsberatung dar. Berücksichtige bitte, dass sich Vorschriften und Inhalte jederzeit auch ohne unsere Kenntnisnahme verändern können, wir uns aber natürlich sehr um ständige Aktualität bemühen. Bei Unklarheiten oder Verständnisproblemen nutze bitte auch die im Beitrag erwähnten Quellen und Verweise, um dich über den aktuell gültigen Stand zu informieren.

Letzte Aktualisierung: 29. August 2024