National Roaming: Der automatische Netzwechsel im Inland erklärt

Wenn Netzbetreiber ihren Kunden zwei (oder mehr) Netze auf einmal zur Verfügung stellen

National Roaming

Es hat nichts mit dem EU-Roaming zu tun − und nutzt doch genau dieses Prinzip, das uns von der Auslandstelefonie nur allzu gut bekannt ist: Beim sogenannten National Roaming handelt es sich darum, im Inland kostenfrei ein anderes Mobilfunknetz nutzen zu können, obwohl man ursprünglich einen Handyvertrag in einem bestimmten Netz abgeschlossen hat.

Es findet hier also ein automatischer Netzwechsel zwischen einem (oder mehreren) Netz(en) statt, und für diesen Fall hat ein Netzbetreiber mit einem anderen Netzbetreiber eine Übereinkunft getroffen, was passiert, wenn das eigentliche Mobilfunknetz nicht verfügbar ist.

In diesem Fall springt dann sozusagen der Back-up-Netzpartner ein.

 

National Roaming als Back-up für die Netzabdeckung

Hintergrund ist, Verbrauchern eine möglichst bessere Netzabdeckung bieten zu können, als wenn dieser allein bei dem Anbieter unter Vertrag wäre, der ohne National Roaming auskommt − insbesondere dann, wenn sich ein Netzbetreiber gerade im Aufbau befindet und die Netz-Kräfteverhältnise noch nicht gleichmäßig verteilt sind, wie eben bei der Einführung von 5G und dem Aufbau des vierten Netzbetreibers 1&1 − im Gegensatz zu den fest etablierten Telekom, Vodafone und Telefónica.

 

Debatte um verpflichtendes National Roaming

Stimmen wurden daher laut, dass die Netzbetreiber hier zu einem National Roaming verpflichtet werden sollen, was sogar politische Wellen schlägt (so etwa als ernst gemeinter ▶ Vorschlag im Landtag Baden-Württemberg oder als ▶ Diskussion im Bundestag).

Experten streiten jedoch darüber, ob verpflichtendes National Roaming im Inland wirklich zu einer Verbesserung der Netzabdeckung führt, wenn Mobilfunkanbieter sich statt eigenem Ausbau auf das Partnernnetz verlassen.

Regelmäßige Tests zeigen, welches Mobilfunknetz in Deutschland das beste ist − und ein hervorragendes Netz lassen sich die Anbieter für gewöhnlich auch hervorragend bezahlen.

NetztestTelekomVodafoneTelefónica
connect (29.11.2023)967 von 1000 (überragend)926 von 1000 (sehr gut)895 von 1000 (sehr gut)
CHIP (21.11.2023)Note 1,3 (sehr gut)Note 1,4 (sehr gut)Note 1,7 (gut)
ComputerBILD (1.11.2024)Note 1,3 (sehr gut)Note 1,7 (gut)Note 2,1 (gut)
Stiftung Warentest Netztest (23.3.2022)Note 1,6 (gut)Note 1,7 (gut)Note 1,9 (gut)
SmartphoneMag Netztest (24.10.2023)97,87%* (hervorragend, 146 von 150; 2023: 139 von 150)85,74%* (sehr gut, 131 von 150; 2023: 130 von 150)86,39%* (sehr gut 128 von 150 ;2023: 136 von 150)
IMTEST Netztest (2.11.2024)Note 1,29 (sehr gut)Note 1,57 (gut)Note 1,61 (gut)

* gewichtete Punkte

 

Schließt also ein Anbieter mit günstigen Discount-Preisen ein individuelles National-Roaming-Abkommen, könnte sich dieser darauf verlassen, dass sein (teurer) Partner weiter in den Netzausbau investiert, während dort auch noch die Netzlast steigt − und profitiert so vom eigentlichen Wettbewerber, obwohl er vielleicht selbst nicht gleichermaßen zur Verbesserung der Netzqualität beiträgt und ggf. sogar Kosten sparen kann.

Mit dieser nachvollziehbaren Argumentation negieren Experten, dass politisch verpflichtendes National Roaming tatsächlich zu einer Verbesserung der Netzabdeckung für Verbraucher führt.

Wenn dies stattdessen auf Freiwilligkeit beruht, wird der National-Roaming-Partner schon darauf bestehen (und überwachen), dass beide angemessen in den Netzausbau investieren.

Gerade der Totalausfall des 1&1-Netzes Ende Mai 2024 führte zu spürbaren Vertragskündigungen und Kunden-Abwanderungen, zusammen mit einem Vertrauensverlust.

 

Freiwillige National-Roaming-Abkommen der Netzbetreiber

2015, als das E-Plus-Netz und o2-Netz der Telefónica Deutschland fusionierten, gab es dieses National-Roaming-Abkommen schon einmal für einen sehr großen Kundenkreis. War das eine Netze am Standort nicht verfügbar, wurde das andere genutzt. Und umgekehrt, denn es handelte sich ja um einen Zusammenschluss bei der Netze zu einem gemeinsamen Netz. Geräuschlos, für den Mobilfunknetzer selbst nicht spürbar.

Seit 2023 wiederholt sich das nun teilweise mit dem Aufbau des 5G-Netzes von 1&1, allerdings wachsen diesmal keine Mobilfunknetze zusammen, sondern dieses werden getrennt voneinander betrieben.

War zuerst noch Telefónica exklusiver Roamingpartner von 1&1, wurde dieser zum 29.8.2024 nach einem Jahr (überraschender) Ankündigung durch Vodafone ersetzt. Ein Vertragswerk regelt den Leistungsbezug.

Ab dem 29. August 2024 steht 1&1-Neukunden in noch nicht von 1&1 selbst versorgten Gebieten das Netz von Vodafone zur Verfügung. Der Wechsel zwischen den Netzen erfolgt automatisch und ist für Handynutzer nicht wahrnehmbar. [...] Auch 1&1-Bestandskunden können zukünftig das 1&1 5G-Netz in Verbindung mit Vodafone National Roaming nutzen. Dazu wird 1&1 bis Herbst 2025 die Mobilfunk-Tarife seiner mehr als 12 Millionen Kundinnen und Kunden schrittweise migrieren

 

Mit anderen Worten: Derzeit nutzen über 12 Millionen 1&1-Kunden weiterhin mehrere Netze, und das auch noch für einen längeren Zeitraum.

Die Kooperation zwischen Vodafone und 1&1 ist langfristig ausgelegt und beinhaltet Mechanismen, die beide Unternehmen bei steigenden Kosten und Datenvolumina wirtschaftlich absichert.

Damit ist 1&1 der einzige Netzbetreiber in Deutschland mit einem einseitigen National-Roaming-Abkommen (zuvor gab es das Abkommen noch als MVNO, also als Provider), das diesmal eben nur in eine Richtung gilt, denn Vodafone-Kunden roamen im Gegenzug nicht im (wohl vermeintlich schwächeren) 1&1-Netz, was letztlich auch die Kräfteverhältnisse verdeutlicht.

Eine Fair Use Policy greift im Inland nämlich nicht, du bekommst also im Inland stets dein komplettes Datenvolumen, egal in welchem Netz. Das könnte dir also auch der Roamingpartner und nicht 1&1 zur Verfügung stellen, je nach Netzabdeckung.

 

National Roaming hat nichts mit Nationaltarifen zu tun

Natürlich bedeutet National Roaming nicht, dass es sich hierbei um Nationaltarife handelt. Auch EU-Roaming (sowie Roaming allgemein) ist mit Tarifen, die das National Roaming unterstützen, möglich.

Quellen

Letzte Aktualisierung: 27. August 2024